Geschichte einer Farbe
Vor der Erfindung synthetischer Pigmente war Cochinilla eines der wertvollsten Handelsgüter Spaniens. Zwischen 1840 und 1870 verließen Tonnen getrockneter Läuse den Hafen von Arrecife, um Seide in Lyon, Uniformen in London und luxuriöse Tapeten in Berlin zu färben. Die Epidemie der Reblaus und sinkende Preise für Zuckerrohr hatten den Bauern einen Ausweg eröffnet: Opuntien anlegen, Läuse aussetzen, Farbe ernten.
Vom Kaktus zum Karmin
Die Arbeit ist bis heute nahezu unverändert: Mit einem Flauschepinsel werden die Läuse von den Kakteen gestrichen, in der Sonne getrocknet und anschließend gemahlen. Erst in heißem Wasser, dann in Alkohol lösen sich die Farbstoffe – allen voran Karminsäure. Das Pulver schimmert violett, doch ein Tropfen Zitrone weckt das legendäre Purpur.
Kunsthandwerk & Comeback
Obwohl synthetische Farben die Massenproduktion verdrängten, erlebt Cochinilla Lanzarote eine Renaissance. Naturkosmetik, Aquarellmalerei, Craft‑Textilien schätzen ihre Bio‑Qualität. Im Centro de Artesanía am Monumento al Campesino zeigen Weberinnen und Papierkünstler, wie Karmin moderne Designs leuchten lässt – völlig plastikfrei und kompostierbar.
Nachhaltigkeit & Perspektiven
Der Anbau benötigt kaum Wasser, schützt traditionelle Landschaften und bietet kleineren Fincas ein Zusatzeinkommen. Agro‑Touren durch die Kaktusfelder oder Färbe‑Workshops im Centro de Artesanía lassen Besucher erleben, wie aus einem winzigen Insekt ein großer Farbton wächst.
Cochinilla erzählt die Geschichte Lanzarotes: Einfallsreichtum, Geduld und die Kunst, aus karger Lava leuchtende Schönheit zu schaffen.